"Wie ein Goldfisch im Glas" - Haushalts-Rede von Felicitas Mohler-Kaczor
Am 29. April 2025 hat die Gemeindevertretung einstimmig den Haushalt für das Jahr 2025 beschlossen. Die Vorsitzende der SPD-Fraktion Felicitas Mohler-Kaczor hat in ihrer Haushalts-Rede ausführlich zum Zahlenwerk, das die Einnahmen und Ausgaben der Gemeinde Mainhausen für das laufende Jahr plant und die Höhe der Steuern und Abgaben festlegt, Stellung genommen. Die gesamte Rede folgt hier:

Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
sehr geehrter Herr Bürgermeister,
meine sehr verehrten Damen und Herren,
wir stimmen heute über den Haushalt für das Jahr 2025 ab – und damit über nicht weniger als den finanziellen Rahmen, in dem sich unsere Kommune im kommenden Jahr bewegen darf, bewegen muss – und manchmal leider auch: nicht mehr bewegen kann.
Denn wie schon in den vergangenen Jahren stehen wir auch diesmal vor der Herausforderung, Pflichtaufgaben zu erfüllen, die uns von Bund und Land übertragen wurden. Wir sollen Lösungen liefern: für Kitas, für die Nachmittagsbetreuung in Schulen, für Infrastruktur, für den sozialen Zusammenhalt. Aber während die Erwartungen wachsen, schrumpfen unsere Spielräume. Das ist kein nachhaltiges System – das ist ein Drahtseilakt ohne Netz.
Von jedem Euro, den wir in diesem Haushalt verplanen, sind 99 Cent bereits gesetzlich gebunden. Für Aufgaben, die wir weder kürzen noch verschieben dürfen – unabhängig davon, wie es um unsere Einnahmen steht. Das ist, als müssten wir ein Drei-Gänge-Menü servieren – mit einem Budget, das gerade mal für den Brotkorb reicht. Oder anders gesagt: Wir sind finanziell so frei wie ein Goldfisch im Glas. Ja, wir dürfen schwimmen – aber bitte nur im Kreis.
Ein Blick auf die Zahlen macht diese Lage deutlich:
Den Erträgen von rund 33,5 Millionen Euro stehen Aufwendungen in Höhe rund 34,3 Millionen Euro gegenüber. Es ergibt sich ein Fehlbetrag im Ergebnishaushalt von über 752.000 Euro, der unsere strukturellen finanziellen Herausforderungen nochmals unterstreicht – und deutlich macht, warum ein „Weiter so“ keine Option ist.
Steigende Abgaben an Kreis und Land sowie höhere Kosten, insbesondere bei der Kinderbetreuung, treffen auf ausbleibende Einnahmen. Besonders bitter: Mainhausen erhält 2025 keine Schlüsselzuweisungen – also Einnahmen – aus dem Kommunalen Finanzausgleich. Das belastet den Haushalt spürbar.
Zu den größten Einnahmepositionen gehört der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer, der mit 8,5 Millionen Euro veranschlagt wird. Das Gewerbesteueraufkommen wird auf 9,1 Millionen Euro geschätzt – klingt solide, doch von diesen Einnahmen müssen wir eine Gewerbesteuerumlage sowie eine Heimatumlage von insgesamt 1,44 Millionen Euro abführen. Und auch die anteilige Kreis- und Schulumlage von fast 11 Millionen Euro ist aus unserem Haushalt zu stemmen.
Das alles zeigt: Auch vermeintlich starke Einnahmen sind real oft schon verplant, bevor sie überhaupt auf dem Konto landen.
Trotz der widrigen Umstände müssen wir Mainhausen weiter zukunftsfähig gestalten.
Der Haushaltsentwurf 2025 zeigt in Zahlen, was uns als Kommune wichtig ist – und was wir trotz aller Engpässe möglich machen. Mit rund fünf Millionen Euro setzen wir gezielte, bewusste Investitionen – nicht für Prestigeprojekte, sondern für das, was zählt: Menschen, Sicherheit, Zusammenhalt.
Wir investieren über drei Millionen Euro in ein neues Rathaus. Kein Prunkbau, sondern ein funktionales Zuhause für Verwaltung und Bürgernähe – sparsam geplant, nachhaltig gedacht. Ein Gebäude, das sagt: Wir sind ansprechbar, wir sind da.
Wir investieren in Schutz. Feuerwehr, Ordnungspolizei, Katastrophenschutz – hier fließt Geld in Technik, Ausrüstung, Sicherheit. Denn wer hilft, muss selbst gut ausgerüstet sein.
Wir investieren in Wege. In Straßen, in Wasserleitungen, in die Substanz.
Mit über einer halben Million Euro stärken wir unsere Kitas – mit der neuen Kita Kinderinsel, mit Spielgeräten, Möbeln, EDV, Umbaumaßnahmen und neuen Außengeländen.
Hinzu kommen Zuschüsse von 675.000 Euro an kirchliche und freie Träger sowie 65.000 Euro für Tagesmütter. Für die Grundschulbetreuung sind weitere 310.000 Euro vorgesehen. Auch in finanziell schweren Zeiten bleibt Betreuung keine Sparmaßnahme. Kinder sind Zukunft – und Zukunft spart man nicht weg.
Und bei alledem gilt: Kein Euro ohne Augenmaß. Kein Projekt ohne Priorisierung. Kein Kompromiss bei der Verantwortung.
Auch in diesem Jahr sind die Personalkosten gestiegen. Dabei entfallen über 5,3 Millionen Euro von insgesamt rund 11,8 Millionen Euro Personalkosten auf die gemeindlichen Kindertageseinrichtungen. Der Anstieg der Personalkosten ist dabei nicht nur dem wachsenden Bedarf geschuldet, sondern auch strukturellen Veränderungen: Mit der Eröffnung der Kita Kinderinsel sowie der Übernahme der ehemals kirchlichen Kita St. Wendelinus ist nicht nur eine gemeindliche Kita neueröffnet worden, sondern auch zusätzlich eine Einrichtung in kommunale Verantwortung übergegangen – inklusive des dortigen Fachpersonals.
Den hier nur knapp umrissenen Ausgabebeispielen müssen – vor allem im Hinblick auf die bleibenden erhöhten Personalkosten – unausweichlich dauerhafte Einnahmen gegenüberstehen. Bereits bei den Hebesatzberatungen im vergangenen Jahr und auch bei der Bürgerversammlung im Januar wurde offen kommuniziert, dass uns die derzeitige Haushaltslage leider dazu zwingt, die Hebesätze nochmals anzupassen. Dass wir letztlich den Weg über die Grundsteuer gehen, ist das Ergebnis einer sachlichen, ehrlichen und gemeinsamen Abwägung: lieber moderate Steuererhöhungen als der Kahlschlag im Ort.
Deshalb stimmen wir der vorgeschlagenen Hebesatzerhöhung der Grundsteuer B auf 800 Prozentpunkte zu. Diese Erhöhung ist keine leichte Entscheidung – aber eine unvermeidbare. Sie bringt unserer Kommune Einnahmen in Höhe von 2,93 Millionen Euro im Jahr 2025 und sichert uns zumindest in Teilen den dringend benötigten finanziellen Handlungsspielraum, um die kommunale Infrastruktur aufrechtzuerhalten.
Dabei nennenswert: Selbst mit dieser Erhöhung bleibt Mainhausen unter dem Schnitt im Kreis Offenbach. Andere Städte liegen deutlich darüber. Der Kreisdurchschnitt beträgt bereits 892 Punkte – Tendenz steigend.
Sehr geehrte Damen und Herren,
dieser Haushalt ist kein Wunschkonzert – er ist Ausdruck der Realität, in der Kommunen längst an ihre Belastungsgrenze gestoßen sind. Was es braucht, ist ein neues Verständnis der Aufgabenverteilung und der finanziellen Ausstattung zwischen Bund, Land und Kommunen.
Denn wir sind nicht das letzte Glied einer Verwaltungskette. Wir sind nicht bloß Vollzugsorgan. Wir sind das Rückgrat des alltäglichen Lebens – und das kann man nicht dauerhaft überlasten, ohne dass es irgendwann bricht.
Wir als SPD-Fraktion stehen zu diesem Haushalt – nicht, weil er perfekt ist, sondern weil er möglich macht, was möglich sein muss: den Erhalt unserer Infrastruktur, Investitionen in Bildung und Betreuung, und das Fortbestehen freiwilliger Leistungen, die unsere Gemeinde lebenswert machen. Wir danken der Verwaltung für die sorgfältige Aufstellung und den Kolleginnen und Kollegen für die konstruktive Zusammenarbeit.
Mein besonderer Dank gilt heute zudem allen Mitarbeitern unserer Gemeinde – im Rathaus, in den Kitas, auf dem Bauhof, im sozialen Bereich und überall dort, wo täglich angepackt wird. Oft im Hintergrund, aber immer mit großer Wirkung.
Haushalte werden hier im Gremium beschlossen – aber umgesetzt werden sie draußen: von den Menschen, die für unsere Gemeinde arbeiten. Ob Verwaltung, Betreuung, Pflege, Technik oder Service und nicht zu vergessen die vielen Ehrenamtlichen – sie alle leisten Tag für Tag einen Beitrag, damit unsere Gemeinde funktioniert.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. Glück auf!
- Es gilt das gesprochene Wort –